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 Infos, Tipps & Trends – für Sie entdeckt zwischen Elbestrand und Heidesand
  Müller in Aktion erleben!
Entwicklung des Mühlenwesens in unserer Region
Am P ngstmontag ist Mühlen- tag. Auch in unserer Region laden wieder zahlreiche Wind- und Wassermühlen zu einem Aus ug ein. Überall organi- sieren Inhaber oder Vereine Gottesdienste, malen Korn und backen Brot für ihre Gäste. Bundesweit werden am P ngstmontag, 1. Juni, rund 1000 Wind-, Wasser-, Dampf- und Motormühlen ihre Türen öffnen. Sie lassen die Flügel und Wasserräder drehen, set- zen die Mahlgänge in Betrieb, laden die Gäste zu Führungen und kleinen Festen mit kul- turellen Angeboten und auch zu Speis und Trank ein. Dem traditionellen Müllerhand- werk wurde von der Unesco im Dezember 2018 der Titel „Immaterielles Kulturerbe der Menschheit“ zuerkannt. Die Bewerbung erfolgte durch den Verein „Die Müllergilde – Interessengemeinschaft für das traditionelle Müllerhandwerk und historische Mühlen e.V.“ Der überregional tätige Verein wurde am 19. Februar 2017 in Bardowick gegründet, um das traditionelle Müllerhandwerk als lebendiges kulturelles Erbe zu erhalten.
Der traditionelle Handwerks- beruf Müller erscheint heute oft hart und entbehrungsreich. Im 18. und 19. Jahrhundert aber waren Mühlen sehr oft hoch moderne Verarbeitungsstätten, die ef zient die Naturkräfte nutzten. Bekannt sind über 180 verschiedene Nutzungsarten, in denen u. a. Mahl-, Öl-, Säge- oder Schleifmüller arbeiteten. Ihre Produktionsstätten legten den Grundstein für die indust- rielle Revolution.
Heute ist die Müllerei ein Beruf, der im dualen Aus- bildungssystem erlernt wer- den kann. An Müllerschulen erwerben die Auszubildenden alle Kenntnisse, die auf einen
Industriebetrieb ausgerich- tet sind. Das Arbeiten mit Wind- und Wasserkraft sowie traditionelle Mahlverfahren sind heute im Lehrplan nicht mehr zu  nden. Das Erlernen derartiger Techniken erfolgt nur noch in einigen Hand- werksmühlen, die sich der Tradition verp ichtet sehen. Bundesweit nutzen noch unge- fähr 50 gewerbliche Mühlen von ehemals rund 50.000 die Antriebstechniken Wind- bzw. Wasserkraft. Daneben gibt es eine zunehmende Zahl von Wind- und Wassermühlen, die auf ehrenamtlicher Basis betrieben werden und auf die- se Weise das Müllerhandwerk in die Zukunft tragen. Im Rah- men von Ausbildungskursen erlernen Freiwillige Müller den Umgang mit einer Wind- oder Wassermühle. Gerade haben wieder zehn Frauen und Männer erfolgreich den Aus- bildungskurs zum Freiwilligen Müller/in bei Müllermeister Franz Rosenkranz an der Was- sermühle Karoxbostel absol- viert. Am Deutschen Mühlen- tag, 1. Juni, wird ab 12 Uhr rund um die historische Was- sermühle Karoxbostel gefeiert, Getreide gemahlen, mit Was- serkraft gesägt und leckeres Brot gebacken.
Weitere Infos unter
www.muehlenland- niedersachsen.de und www.deutsche-muehlen.de.
Professor Dr. Rolf Wiese hält einen Vortrag in der Wasser- mühle Karoxbostel
Zwischen Harburg und der Heide existierten seit dem Mit- telalter zahlreiche Mühlen, von denen heute nur wenige noch erhalten oder gar noch funk- tionstüchtig sind. Professor Dr. Rolf Wiese wird am Donners- tag, 2. April, in der Wassermüh- le Karoxbostel interessante und spannende Einblicke in die Ent- wicklungdesMühlenwesensin unserer Region gewähren. Die
wie etwa in Harburg oder Karoxbostel. Erst im 18. Jahr- hundert tauchten die ersten Windmühlen auf. Nach der Weiterentwicklung dieser Mühlen in Holland entwickel- te sich in Deutschland ab 1870 ein „Windmühlenboom“. Neben den Getreidemühlen gab es auch – ein Phänomen der Frühindustrialisierung – Mühlen für zahlreiche andere Zwecke und Gewerbezweige: Gewürzmühlen, Pulvermüh- len, Walkmühlen und auch
 Giesela und Rolf Wiese kennen sich mit Mühlen bestens aus.
Foto: Carsten Weede
Veranstaltung beginnt um 19 Uhr. Eine der wenigen funk- tionstüchtigen Mühlen ist die ehemalige Amtswassermühle in Moisburg, die als Zwangs- mühle das Korn der Bauern im Amt Moisburg mahlte. Etwa die Hälfte der Bauern des his- torischen Bezirks Süderelbe musste daher ihr Getreide nach Moisburg bringen, die andere war an die Harburger Außen- mühle gebunden.
Nach der Gewerbefreiheit ent- standen viele Wassermühlen entlang der Wasserläufe von Luhe, Seeve und Este. Eine andere Art waren die an Tei- chen angesiedelten Mühlen,
Papiermühlen, die besonders an der Este Bedeutung erlang- ten.Professor Dr. Rolf Wiese – Vorsitzender des Heimat- und Museumsvereins Winsen und ehemaliger langjähriger Direk- tor des Freilichtmuseums am Kiekeberg – wird aufzeigen, wie diese frühen „Kraftwerke“ dazu beitrugen, technische und logistische Innovationen auf lokaler Ebene voranzutreiben: „Wir werden uns dazu auch die konkreten Gegebenheiten vor Ort in der Wassermühle Karox- bostel ansehen. Dabei wird auch Zeit für Fragen und Ant- worten aus dem Besucherkreis sein“, kündigt der Experte an.
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