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                                            Ritscher-Dreiradschlepper: Wegen des Rades in der Mitte waren die typischen zweispurigen Landwirtschaftswege schwer zu befahren.
In den 1950er-Jahren lieferte die Firma Ritscher Neufahrzeuge mit einem Mercedes Benz L 4500 aus – das Vorbild für die Restaurierung des baugleichen
technischen Lehranstalten“ in
Hamburg besucht. Um seine
Englischkenntnisse zu ver-
bessern, ging er dann 1914 in
die USA. „Aus der geplanten
einjährigen Sprachreise ist
starb, durfte Karl Ritscher wegen des anhaltenden Krie- ges noch nicht ausreisen, und kam so erst 1919 zurück nach Deutschland. Bis dahin hatten seine Brüder Arnold und Wal-
Lkw von Thorsten Kröger (Baujahr 1955).
geteilt. Die „Moorburger Tre-
cker Werke“ blieben bei Karl
Ritscher. Durch Rüstungsauf-
träge aus Berlin überstand sein
Unternehmen die Weltwirt-
schaftskrise. Den Kettenlauf-
werken der Wehrmacht kamen
Foto: Ritscher-Freunde
Fliegerangriffen. Nach Kriegs- ende 1945 kam das Unterneh- men nur schleppend wieder in Gang. Erst ab 1948 konnten wieder Grabenreiniger und Dreiradschlepper produziert werden. In den 1950er-Jah- ren brachte Ritscher nach und nach eine komplett neue Vier- rad-Schlepperreihe mit Motor- leistungen von 15 bis 40 PS auf den Markt. 1954 wurde zudem der erste Ritscher-Geräteträger vorgestellt. Diese vielseitig einsetzbaren Schlepper wur- den „Multitrak“ beziehungs- weise ab 1955 „Multitrac“ genannt. „Karl Ritscher hat früh das Ende des Schlepper- booms erkannt. Schon 1961 verkaufte er seinen Betrieb an die Berliner Maschinen- bau AG, die fortan Drehbänke, Setz- und Textilmaschinen in Sprötze baute“, berichtet Axel Engelmann. Bis 1963 sollen in Sprötze auch noch einige Multitracs und bis 1970 noch Grabenreiniger vom Typ York, sogenannte Schlick-Rutscher, hergestellt worden sein. „Ins- gesamt wurden von der Firma Ritscher etwa 8000 Fahrzeuge gebaut, viele davon für den Export“, sagt der Ritscher- Experte. „Kenner kaufen Rit- scher“ lautete damals ein weit verbreiteter Werbespruch. „Und da ist sicher was dran“, sagt Axel
Engelmann.
www.freundederritscher.de
 kriegsbedingt ein mehrjähriger ter die Firma des Vaters alleine
nbenannt-1 Mon May 08 14:24:58 2017 Seite 1
die Erfahrungen mit den land-
Aufenthalt geworden“, sagt weiter geführt. „Als er zurück
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Axel Engelmann. Nach Aus- bruch des Krieges wurde Karl Ritscher zunächst interniert, bekam 1915 jedoch die Mög- lichkeit, an der Universität von Ann Abor in Michigan ein Schiffbaustudium aufzuneh- men. Das Studium  nanzierte er mit Hilfsarbeiten und in den Semesterferien mit Arbeiten auf einer Werft in Newport News im US-Bundesstaat Vir- ginia. Als die Werft allerdings an ng Kriegsschiffe zu bauen, welche gegen Deutschland ein- gesetzt werden sollten, konnte Karl Ritscher dies nicht mehr mit seinem Gewissen verein- baren.Erbeschloss,seinStudi- um auf ein neutraleres Gebiet zu verlegen und kam so zum landwirtschaftlichen Ingeni- eurswesen. Dieses wiederum  nanzierte er mit Jobs bei den Ford-Werken in Detroit und bei „The Cleveland Tractor Company“, bekannt durch die Marke Cletrac.
„Durch diese Tätigkeiten erhielt er tiefe Einblicke, wie die Amerikaner ihre Land- maschinen konstruieren und produzieren“, sagt Axel Engel- mann. Als sein Vater 1918
war,  ng Karl Ritscher sofort damit an, seine eigene Tre- cker-Produktion aufzubauen“, weiß Axel Engelmann. Karl Ritscher stellte einen früheren Studienkameraden als Kons- trukteur ein. Zunächst wur- de ein Kettenschlepper ent- wickelt und 1920 unter dem Namen „Panther“ vorgestellt. 1921 wurde eine verbesserte Version entwickelt, die „Graue Laus“ genannt wurde und der erste verkaufte MTW-Traktor war. „Erster Kunde war ein Bauer aus Appel“, sagt Axel Engelmann. Im selben Jahr wurde die Firma unter den Geschwistern Ritscher auf-
wirtschaftlichen Kettenschlep- pern zugute. „Vieles, was in Moorburg entwickelt wurde, begründete sich in der Moor- und Marschlandschaft“, sagt Axel Engelmann. So auch die Grabenreiniger, mit deren Her- stellung die Firma bereits in den Vorkriegsjahren begonnen hatte. Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges reichten die vor- handenen Produktionsstätten nicht mehr aus. Ritscher erwei- terte seine Produktion um Wer- ke in Harburg, Lüneburg und Sprötze. Bedingt durch die dortige Rüstungsproduktion waren die Werke allerdings auch das ständige Ziel von
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